Veranstaltung: | BAG Sitzung 21.-23. Februar 2020 |
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Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 11.02.2020, 17:13 |
Antragshistorie: | Version 1 |
NEU: Libyen EU und Deutschland müssen auf der Seite des Parlaments und der Bevölkerung stehen
Antragstext
Verschiedenste globale und regionale Player versuchen seit 2011 in Libyen ihre
Interessen durchzusetzen - ohne jede Rücksicht auf die libysche Bevölkerung.
Bündnis90/Die Grünen sollen sich zukünftig dafür einsetzen, dass die
Bundesrepublik die libysche Bevölkerung und ihre demokratisch gewählten
Repräsentanten im Libyenkonflikt unterstützt. Innerhalb der EU hat sich
Frankreich schon längst an die Seite des Militärs (LNA), das im Auftrag des
libyschen Parlamentes kämpft, gestellt.
Zur Erinnerung - bei den Wahlen 2014 hat die libysche Bevölkerung eindeutig die
Moslembrüder abgelehnt, die von insgesamt 188 Sitze gerade einmal 30 Sitze
erhielt. Von den verbliebenen Sitzen gingen 158 an säkulare Kandidaten. Aus
diesem Grunde wurde das gewählte Parlament vom militärischen Arm der
Moslembrüder, der Libyan Islamic Fighting Group (LIFG), also den Dschihadisten
unter Führung des al-Kaida-Mannes Belhadsch, aus Tripolis vertrieben und musste
nach Bengasi flüchten.
Mittlerweile hat das libysche Parlament die Muslimbruderschaft als
terroristische Gruppierung eingestuft, die extremistische Gruppierungen anführt.
Ihrer Ansicht nach trete die Muslimbruderschaft nicht an für Demokratie und
halte sich nicht an demokratische Spielregeln. Sie wollten lediglich den
Staatsapparat kontrollieren.
Die LNA wurde aufgrund eines Beschlusses des libyschen Partlaments eingesetzt
und von diesem gewählten Parlament zur offiziellen libyschen Armee erklärt.
Zuvor hatten die Islamisten das Ergebnis von 2014 nicht anerkannt und zwecks
Machterhalt in Tripolis und Westlibyen einen Bürgerkrieg entfesselt. Das vom
Volk gewählte libysche Parlament musste aus Tripolis flüchten und in den Osten
des Landes übersiedeln.
In Tripolis setze sich eine selbsternannte ‚Regierung‘ an die Macht, die aus
Moslembrüdern und gut vernetzten al-Kaida und ähnlichen Organisationen bestand.
Dieser militärische Flügel schloss sich zur Libyan Islamic Fighting Group (LIFG)
zusammen. Viele Umfragen in der libyschen Bevölkerung belegen, dass die
Moslembrüder sowie das Wirken der Türkei in der libyschen Bevölkerung unbeliebt
sind.
Die Allianz der libyschen Nationalversammlung, der eine Reihe von Organisationen
der Zivilgesellschaft, nationalen Parteien, Menschenrechtsverbänden,
Schriftstellern, Forschern, Diplomaten und Akademikern angehören, hat eine
Stellungnahme abgegeben, die von über 200 Personen des öffentlichen Lebens in
Libyen, wie Organisationen der Zivilgesellschaft, nationale Parteien,
Menschenrechtsverbände, Schriftsteller, Wissenschaftler, Diplomaten und
Akademiker unterstützt wird.
Diesen demokratischen sowie zivilgesellschaftlich geäußerten Willen haben wir zu
respektieren und zu unterstützen.
https://almarsad.co/en/2020/01/16/statement-by-the-alliance-of-the-libyan-
national-gatherings-on-the-moscow-meetings-on-the-libyan-conflict/
Eine deutsche Übersetzung findet sich bei Angelika Gutsche:
https://www.freitag.de/autoren/gela/stellungnahme-zu-moskau-gespraechen
Trotz EU-ropäischer Lippenbekenntnisse zur Demokratie stärken die
Friedensverhandlungen die Moslembruderschaft und deren Einsetzung der
sogenannten ‚Einheitsregierung‘ unter Sarradsch, die ihrerseits Unterstützung
aus Katar und der Türkei beziehen und die von der Bevölkerung abgelehnt werden.
Dabei transferiert die Türkei immer mehr Kämpfer aus Syrien nach Libyen, was die
Lage in Libyen belastet und ein Ende des Krieges hinauszögert.
Wie The Guardian berichtete, haben die syrischen Söldner direkt Verträge mit der
‚Einheitsregierung‘ und nicht mit dem türkischen Militär geschlossen. Allerdings
hat ihnen der türkische Staat die Staatsbürgerschaft für ihren Kampf in Libyen
zugesagt. Daneben kommt die Türkei für medizinische Kosten und die Rückführung
der Toten nach Syrien auf. Den Männern wird eingeredet, sie seien in Libyen, „um
den Islam zu verteidigen“.
https://www.theguardian.com/world/2020/jan/14/libyan-warlord-haftar-leaves-
moscow-without-signing-ceasefire-deal
Um eine Lösung der Krise in Libyen zu erzielen, müsse laut des
Parlamentspräsidenten Aguila Saleh die internationale Gemeinschaft die
Verantwortung für die gegenwärtige Situation übernehmen, in die sie das Land
hineingedrängt hat. Das tatsächliche Problem seien die Milizen, die mit der
Moslembruderschaft in Verbindung stünden und die Länder, die sie wiederum
finanzieren. Diese Milizen sollten nach einem bestimmten Zeitplan entwaffnet und
aufgelöst werden.
Dabei kann die Türkei kein ehrlicher und erstrebenswerter Vermittler zwischen
den libyschen Gegnern sein. Sie verstößt systematisch gegen Resolutionen des
Sicherheitsrats in Bezug auf das Waffenembargo und erschwert die Bekämpfung des
Terrorismus in Libyen.
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Die Türkei hat mit der ‚Einheitsregierung‘ das sogenannte ‚Memorandum of
Understanding' (MoU) abgeschlossen. Dieses Abkommen erlaubt der Türkei libyschen
Luftraum, Territorialgewässer und das Territorium ohne vorherige Absprache und
Genehmigung durch die libyschen Behörden zu nutzen und Militärbasen in Libyen zu
errichten. Außerdem hat die Türkei mit Sarradsch ein Seerechtsabkommen
abgeschlossen, das Öl- und Gasbohrrechte beinhaltet und das nach allgemeiner
internationaler Auffassung gegen das Seerecht verstößt.
Als Reaktion darauf haben das griechische Parlament als auch das ägyptische
Repräsentantenhaus Erklärungen abgegeben, in denen sie das libysche Parlament
beziehungsweise das Repräsentantenhaus als die einzige legitime Vertretung des
libyschen Volkes bestätigten.
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